High School Costa Rica: Erfahrungen

Hier der Bericht von Inga:

Vorname:
Inga
Alter:
17
aus:
Delbrück
war:
für ein Semester in Heredia, Costa Rica
Schultyp:
Staatliche Schule

Buenas...!

Also, als erstes möchte ich sagen, ich beneide jeden von euch, der sich für Costa Rica als Austauschland entschieden hat (oder sich noch entscheidet), weil es einfach das tollste und eindrucksvollste Land ist. Ich meine, jeder denkt erst mal, Costa Rica, wo liegt das? Ach ja, irgendwo in Mittelamerika( bezeichne die Ticos NIE als Südamerikaner), das gehört zur „dritten Welt“, alle Leute leben in Armut und ein richtiges Leben findet dort nicht statt. Aber befasst man sich näher mit dem Land, merkt man das alle Vorurteile einfach total überholt sind.

Natürlich ist es so, dass der Unterschied zwischen Arm und Reich deutlicher ist als zum Beispiel in Deutschland und der Lebensstandard ein ganz anderer ist, aber um ein erfolgreiches Austauschjahr zu erleben, muss man sich dessen auch Bewusst sein und es akzeptieren.

Im Allgemeinen kann man sagen, das die Ticos und Ticas sehr stolz auf ihr Land sind, sie fragen einen zum Beispiel als Erstes „Le gusta Costa Rica?“(Gefällt dir Costa Rica?). Sie schwärmen sehr für ihr Land und unterstützen es so gut sie können, wenn zum Beispiel die costaricanische Nationalelf spielt, sind die Straßen wie ausgestorben, fällt dann ein Tor hört man von überall Jubelschreie und das Volk ist ganz aus dem Häuschen...

In Costa Rica verläuft das Leben einfach ganz anders als in Deutschland, dass Wort „Stress“ vergisst man dort völlig, denn den Ticos leben ein viel ruhigeres und ausgelasseneres Leben als wir Deutschen. Es ist eigentlich egal, ob man eine viertel-, oder eine halbe Stunde zu spät zu einem Treffen kommt, denn der andere verspätet sich auch garantiert ( aber am Anfang nicht immer drauf verlassen).

Insgesamt dauert das Reisen in Costa Rica viel länger als z.B. in Deutschland, da es (natürlich) keine Autobahnen zu den Küsten gibt und die Straßen mit Schlaglöchern übersät sind, so dass man auch nicht Schnell fahren kann. Trotzdem, sobald ihr die Chance bekommt, zu einem Strand, Nationalpark oder auch Vulkan zu fahren, nutzt es, denn man sollte die Zeit dort nutzen, das Land so gut kennen zu lernen wie es nur geht!!!

Es wird sehr viel Wert auf Freundlichkeit gelegt und auch wenn man zum Beispiel keinen Hunger hat, sollte man wenigstens bereit sein, etwas zu probieren. Immer schön sich bedanken etc., dass macht man sowieso bei „Fremden“.

Meine Familie:

Nachdem wir endlich den super langen Flug überstanden hatten wurde es wirklich ernst. Die Koffer wurden geholt, die Türen gingen auf und vor uns standen ganz viele Familien mit Namensschildern. Ich kannte meine Familie von Fotos und deshalb habe ich meine „neuen Eltern“ ganz schnell erkannt. Meine ganzen spanischen Vorkenntnisse waren auf einmal weg und ich wusste überhaupt nicht wie ich mich unterhalten sollte. Wir sind dann sofort nach Hause gefahren und ich habe meinen kleinen Bruder und meinen großen Bruder kennen gelernt. Schon von Anfang an hatte ich ein sehr gutes Verhältnis zu meinen Eltern und auch zu meinen Brüdern.

Man kann sich das gar nicht vorstellen, aber man fühlt sich wirklich wie ein Familienmitglied nach einer gewissen Zeit. Meine costaricanischen Freunde konnten es nicht verstehen, wie ich von meiner Gastmutter als „Mama“ reden kann, weil sie nicht meine „richtige“ Mama ist und ich sollte sie doch wenigstens anders nennen. Aber auch jetzt noch rede ich von meiner „Mama“. Abends nach der Schule habe ich fast immer einfach nur zuhause mit meiner Familie am Esstisch gesessen und wir haben uns stundenlang unterhalten. Nur durch dieses halbe Jahr ist sie mir so ans Herz gewachsen, dass ich sie jetzt richtig vermisse und am liebsten jeden Tag mit ihnen telefonieren möchte. Bei Problemen konnte ich mit meinen Gasteltern reden, oder mit meinen Brüdern, und sie haben mir mit allen Mitteln versucht zu helfen.

Wenn es eine größere Sache gewesen wäre, hätte ich sofort zu Yolanda gehen können. Yolanda hat sich sehr große Mühe gegeben, sie hat Wochenendausflüge organisiert, Sprach- und Tanzkurse angeboten und ist mit uns eine Woche an einen Strand gefahren. Außerdem hat sie uns auf dem Orientierungswochenende sehr gute Tipps gegeben, dass zum Beispiel auf Hygiene viel mehr Wert gelegt wird als in Deutschland, dass man abends in San José, der Hauptstadt, immer sehr vorsichtig sein muss, es meiden sollte nach 20 Uhr dort zu sein etc.

Die Kinder der Familie sind ihr ein und alles und die Kleinsten werden meistens ziemlich verwöhnt. Ich habe meine „Mama“ manchmal richtig „ausgeschimpft“, dass sie dem Kleinen einfach alles durchgehen lässt, aber so etwas kann man nicht ändern. Der Zusammenhalt der Familie ist einfach viel größer als in Deutschland

Die Schule:

Also, jetzt ein Punkt der euch wahrscheinlich ziemlich interessiert: Wie sind die Schulen in Costa Rica. Ich bin als fast einzige Deutsche auf eine staatliche Schule gegangen. Die Schule dort hat mir sehr gut gefallen, obwohl das Lernniveau im Vergleich zu Deutschland niedriger ist. An meinem ersten Schultag war ich schon ziemlich aufgeregt, obwohl ich die Schule schon einmal mit meiner „Costa Rica Mama“ besichtigt hatte, um die Uniform ( blaue, lange Stoffhose und weißes Polo-Shirt mit Schullogo) zu kaufen. Naja, am ersten Schultag bin ich dann von meiner Betreuungslehrerin in die Klasse geführt worden und da alle an Gruppentischen saßen, habe ich mich erst mal an die Seite gesetzt, weil ich überhaupt nicht wusste, was ich machen sollte.

Aber ich wurde dann sofort von meinen Mitschülern an ihren Tisch geholt und sie waren einfach nur neugierig und wollten alles wissen. Ich habe zwar am Anfang fast gar nichts verstanden, da alle durcheinander geredet haben und mein Spanisch einfach nur schlecht war, aber sie hatten total viel Geduld und Interesse. Dann war der erste Tag rum, die erste Woche und es wurde immer normaler in „meine“ Schule zu gehen. Obwohl man sich auch in der Schule erst an einige Rituale gewöhnen muss: Morgens um 7 Uhr beginnt die Schule mit der Nationalhymne, dann wurde bei mir immer ein pädagogischer Text übers Mikro vorgetragen und dann, nach einer Viertelstunde hat die Stunde begonnen. Jede Stunde geht 40 Minuten. Die Fächer sind eigentlich die gleichen, bis auf einige Ausnahmen, wie zum Beispiel Psychologie. Ich hatte montags, mittwochs und freitags immer Nachmittagsunterricht, den Rest der Woche vormittags.

Ich habe von vielen Deutschen gehört, dass es sehr schwer sei in den Ticos richtige Freunde zu finden, aber ich kann das überhaupt nicht bestätigen. Die Costaricaner sind total kontaktfreudig, aber es stimmt, dass es bei vielen Bekanntschaften nur sehr oberflächlich bleibt. Ich habe aber meine beste Freundin und meinen besten Freund in Costa Rica gefunden und ich vermisse sie jetzt total. Wir haben ALLES zusammen gemacht und mit meinen besten Freunden bin ich zum Abschluss noch ein Wochenende weggefahren. Im Allgemeinen ist es aber so, dass jeder ein oder zwei gute Freunde hat, aber sonst die Familie das Wichtigste im Leben ist.

Also, ich höre jetzt auch mal auf, sonst braucht ihr ja schon gar nicht mehr nach Costa Rica fahren. Aber jeder macht sowieso seine eigenen Erfahrungen. Meiner Meinung ist nur das Wichtigste, dass ihr den Austausch wirklich wollt und offen für alles seid. Dann steht dem schönsten Jahr eures Lebens nichts mehr im Weg.

Hasta luego, Inga

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